Von Lehm-Wandheizung bis Flammkuchen

„Das war schon anstrengend!“ waren sich Hanna Schneider, Dachdeckerin aus Lüdersburg und Maurermeister Ingo Schönk aus Schleswig einig: fünf Stunden Praxisprüfung sowie Bewertungsgespräch mit den drei Prüfern der Handwerkskammer Flensburg hatten sie gerade hinter sich, dazu den Rückbau ihrer Wandgefache mit Mauerwerk, Unter- und Oberputzen auf verschiedenen Unterkonstruktionen. Trotzdem war von Bauschutt nichts zu sehen, denn sortenreiner Lehm kann immer wieder weiterverwendet werden.

Drei Wochen lang hatten sich fünfzehn HandwerksgesellInnen, MeisterInnen und ArchitektInnen aus nah und fern in Theorie und Praxis mit historischen, vor Allem aber modernen Verarbeitungstechniken eines Baustoffs auseinandergesetzt, der derzeit einen regelrechten Boom erlebt: gab es vor wenigen Jahren nur wenige überregionale Anbieter zertifizierter Lehmprodukte, so betreten aufgrund der wachsenden Nachfrage vermehrt regionale Anbieter den Markt. Volker Klass von der Firma FlensLehm absolvierte nun selber den Weiterbildungskurs, der zum zweiten mal vom Glückburger Zentrum für nachhaltige Entwicklung, artefact, in Kooperation mit dem Dachverband Lehm und der Handwerkskammer Flensburg durchgeführt wurde, und konnte dabei gleich die Qualität seines eigenen Lehmvorkommens testen lassen.

Über das erworbene Know how hinaus liefert der erfolgreiche Abschluss auch die Möglichkeit, im eigenen Kammerbezirk die Eintragung in die Handwerkerrolle zu beantragen. Dabei kamen die sieben Frauen und acht Männer nur zur Hälfte aus dem nördlichsten Bundesland: Architektin Laura Fröhlich kam eigens aus dem norwegischen Bergen und Malermeister Niels Pianzola aus dem Schweizer Bern nach Glücksburg, denn die thematische Tiefe und Vielfalt des Kurses hat sich herumgesprochen. So wurden allein drei unterschiedliche Lehmwandheizungssyteme verbaut, die optimal mit Wärmepumpen kombiniert werden können – ein Thema, das sowohl im Neubau als auch in der Sanierung bis hin zum Denkmalschutz hochaktuell ist. Dort sieht Maurermeister Schönk, der für die Liegenschaften des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg zuständig ist, etliche Umsetzungsmöglichkeiten für sich.

Für die größte Begeisterung sorgte jedoch zum Ende des Kurses ein Nischenprodukt des Lehmbaus: Nach der frohen Botschaft, dass alle fünfzehn Teilnehmer die Prüfung bestanden hatten, wurde die Einweihung des selbstgebauten Lehmbackofens mit Flammkuchen besonders intensiv gefeiert. Für Ende April 2024 ist in Glücksburg bereits die nächste berufliche Qualifizierung zur Fachkraft im Lehmbau geplant.

Volker Klass an der Lehmputzmaschine

Lehm kann auch bunt sein: beim Kurs hergestellte Stampflehmwand

Referent Christof Ziegert (Mitte) erläutert den Zimmerern Till Reimers (links) und Henning Mauritz Materialprobetests