Berichte von Teilnehmenden des solivol Programmes

In den vergangenen Jahren haben viele Freiwillige an dem solivol Programmen teilgenommen. Einige Erfahrungsberichte haben wir für Euch hier zusammen gestellt.

Dagmar Kohlmeier – weltwärts Freiwillige in Bukoba/Tansania seit Sept. 2016

Im Rahmen meines Freiwilligendienstes solivol arbeite ich in der NGO KADETFU in Bukoba an einem Projekt, das sich mit einem Thema beschäftigt, welches die Hälfte der Weltbevölkerung betrifft und trotzdem global mit Tabus, Mythen und Stigmatisierung behaftet ist: Menstruation. Das Projekt sieht nämlich vor, Mädchen an Schulen wiederverwendbare Binden zur Verfügung zu stellen, sie zu Unterrichten und ihnen die Nähtechnik für solche Binden zu erklären. In Ländern des globalen Nordens selbstverständlich, ist es in Tanzania für Mädchen und Frauen schwierig, an Menstruationshygieneartikel zu kommen. Binden sind teuer, sodass einige auf Naturmaterialien zurückgreifen und sich vor allem Mädchen unwohl fühlen, während ihrer Menstruation zur Schule zu gehen. Durch den Verpassten Schulstoff bleiben Mädchen teilweise sogar ganz der Schule fern. Diesem Zustand möchte das Projekt entgegenwirken.

Um mich zu dem Thema Menstruationshygiene weiterzubilden und in Erfahrung zu bringen, wie an dieses in Tanzania nicht unsensible Thema herangegangen werden kann, habe ich für drei Tage an einem MHM Workshop in Ruandas Hauptstadt Kigali teilgenommen. Eingeladen dazu wurde ich von der Leiterin dieses Workshops, der von der Organisation WASH United organisiert wurde und im Rahmen des East African Peace Festivals stattfand. MHM steht für Menstrual Hygiene Management und beinhaltet das Brechen des Schweigens über Menstruation, dem Management dieser und der Entsorgung von Menstruationshygieneartikeln. An dem Workshop nahmen insgesamt 20 interessierte junge Männer und Frauen von Organisationen aus Uganda, Kenia, DR Kongo, Tanzania und Ruanda teil. So bunt gemischt wurde jedoch ziemlich bald deutlich, dass sich die Erfahrungen, die wir mit Menstruation machen, gar nicht so sehr unterscheiden und die im Nachhinein doch oft recht witzigen Geschichten der Menarche weltweit gleich sind. Bei den Mythen rund um das Thema Menstruation haben wir jedoch festgestellt, dass es in Ostafrika einige gibt, die Frauen und Mädchen erheblich einschränken. So haben wir beispielsweise die Frage diskutiert, ob eine menstruierende Frau kochen darf? Laut verschiedenen kulturellen und religiösen Auffassungen ist das nämlich verboten, da unter anderem der Glauben herrscht, dadurch könne eine Frau ihren Mann verhexen woraufhin dieser ihrem Willen folgen würde. Aber auch die Assoziation von Menstruation mit Unsauberkeit oder gar dem Ansehen dieser als eine Krankheit führt zu Einschränkungen von Frauen. Das Nahekommen des Ehemanns oder des Vaters ist für einige Frauen während ihrer Menstruation ein Tabu, das damit zusammenhängt, dass menstruierende Frauen als ,,unsauber“ gelten. Doch auch in Staaten des globalen Nordens fühlen sich manche Männer (und leider auch Frauen) unwohl, über das Thema Menstruation zu sprechen oder sich näher damit auseinanderzusetzen.

Dabei unterscheidet sich Menstruationsblut überhaupt nicht vom restlichen Blut im Körper und die durchschnittliche Menge an Blut, die eine Frau während ihrer Periode verliert, sind bloß zwei bis sieben Tafellöffel. Was jedoch aus letzteren Mythen resultiert, ist, dass sich Mädchen oft nicht trauen, mit Männern offen über ihre Menstruation zu reden, was zur Folge hat, dass sie ihre Väter, die meist das Geld in der Familie verwalten, nicht um Geld für Menstruationshygieneartikel wie Pads bitten können. Stattdessen greifen sie auf andere Materialien zurück und verschweigen ihr Anliegen. Weitere Mythen, die genannt wurden, besagen, dass menstruierende Frauen nicht in die Kirche gehen dürfen, Gemüse oder Bäume vertrocknen, wenn sie von ihnen geerntet oder gegossen werden oder Mädchen während ihrer Menstruation keinen Sport betreiben dürfen. Nachdem wir im Workshop über alle diese und weitere Mythen diskutiert haben, konnten wir uns aber darauf einigen, dass die meisten nicht wahr sind. Nur bei Mythen oder Verboten mit religiösen Hintergründen war eine Einigung in der Gruppe teilweise nicht möglich. Das zeigte jedoch, wie unterschiedlich Mythen aufgefasst werden und dass sie nur einzeln und langsam besiegt werden können. Um den Mythen symbolisch entgegenzuwirken, haben wir sie auf Zettel geschrieben an leere Flaschen geklebt, um sie dann mit Bällen umzuwerfen. Dieses Spiel ist Teil des MHM Training Programmes für SchülerInnen, für welches alle TeilnehmerInnen des Workshops Unterrichts- und Anschauungsmaterialien sowie ein Begleitheft von WASH United erhalten haben. Das Ziel des Workshops war es nämlich, dass die Teilnehmenden das erlernte Wissen zurück in ihren Organisationen vor Ort an junge Menschen und auch an die Community weitergeben. Um mit dem Thema Menstruation mit Kindern zu arbeiten, beinhaltet dieses Programm verschiedene Spiele und Aktivitäten, die ihnen die Angst nehmen sollen. Gleichzeitig fällt bei den Aktivitäten das Erlernen von neuem Wissen leichter und da wir einige dieser Spiele während des Workshops ausprobiert haben, kann ich sagen, dass sie auch für Erwachsene wirklich Spaß machen können. Generell herrschte dadurch während des Workshops eine sehr gute Arbeitsatmosphäre, in der es Freude bereitete, neues zu lernen und niemand sich unwohl fühlte, tiefergehend über Menstruation zu diskutieren. Am Ende des Workshops haben wir dann verschiedene Projektideen mit dem Hintergrund des neuen Wissens nach ihrer Sinnhaftigkeit bewertet. Dadurch konnte ich noch einige neue Ideen zu meinem Projekt sammeln. Mein Ziel ist es nun im Rahmen des Reusable Sanitary Pads Projects das erlernte Wissen und die praktisch erprobten Erfahrungen in Bukoba und Umgebung weiterzugeben, um Schritt für Schritt immer mehr Menschen zu erreichen.

von Valerie Hannich solivol Freiwillige 2014-2015

Herzlich miteinander lachen konnte Valerie mit Emma in Malawi, bei der sie oft zum Tee eingeladen war. Foto: privatHerzlich miteinander lachen konnte Valerie mit Emma in Malawi, bei der sie oft zum Tee eingeladen war. Foto: privat
Mein 10-Monate Freiwilligendienst in Äthiopien und Malawi ist vorbei, ich bin wieder zurück in Deutschland.

Viele Außenstehende haben mich gefragt: „Wie war es in Afrika, konntest du viel bewirken?“ Deshalb muss ich nun zunächst etwas aufklären: Ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst, wie der weltwärts-Dienst auch genannt wird, ist keine Entwicklungshilfe. Es geht nicht darum, besonders viel in dem Partnerland oder der Partnerorganisation zu verändern. Vielmehr liegt der Fokus auf dem Austausch und dem Kennenlernen anderer Kulturen. Durch das Leben in Addis Ababa (Äthiopien) und Chowe (Malawi) bekam ich einen Einblick in die Lebensrealität der dortigen Bewohner. Ebenso konnte ich den Menschen vor Ort von dem Leben und den Gewohnheiten in Deutschland erzählen. So fand ein Austausch statt, der mir geholfen hat einige meiner Vorurteile (zum Beispiel gegenüber muslimisch geprägter Gesellschaften) als solche zu identifizieren und darüber zu reflektieren. Vielleicht konnte ich auch einige Mythen und Vorurteile über Deutschland beseitigen. Doch das heißt nicht, dass ich sagen würde, ich hätte viel „bewirkt“.

Afrika ist nicht gleich Afrika – Schon Äthiopien und Malawi unterscheiden sich stark voneinander

Ebenfalls bedeutet ein Jahr in einem afrikanischen Land nicht, dass ich nun eine Afrika-Expertin bin. Schon Äthiopien und Malawi unterscheiden sich stark voneinander, ebenso ist es mit den restlichen Ländern des afrikanischen Kontinents auch. Und selbst in Äthiopien und Malawi leben arme und reiche Menschen sowie Muslime und Christen und Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen miteinander. Die Malawier oder Äthiopier sind genauso ein bunt gemischtes Volk wie wir in Deutschland auch oder würdet ihr sagen, dass man Ostfriesen und Bayern in allen Belangen über einen Kamm scheren kann?
Doch noch einmal zurück zu der Frage, ob ich viel bewirkt habe oder vielmehr die Frage, die ich mir selbst stelle: „Habe ich mich durch den Freiwilligendienst verändert?“
Zunächst einmal komme ich in Deutschland relativ gut klar. Ich habe bislang noch keinen umgekehrten Kulturschock. Mir fallen aber schon einige Kleinigkeiten im Alltag auf, in denen sich mein Blickwinkel verändert hat. Ich bemerke z.B., wie viel gutes Essen in deutschen Restaurants und auch zu Hause weggeschmissen wird. Denn ich weiß, dass in Chowe von einigen Menschen sogar das Kerngehäuse eines gegessenen Apfels aus dem Müll gesucht wird (wobei ein solcher Apfel auch schon selten zu finden ist). Die Beschwerden deutscher Touristen am Flughafen über die Wartezeit oder über die Organisation des Flughafens im Allgemeinen kamen mir merkwürdig surreal vor. Durch die Erfahrungen im Ausland bekomme ich zurück in Deutschland die Möglichkeit noch einmal mit einem anderen, vielleicht auch kritischeren Blickwinkel auf die deutsche Kultur zu schauen. Positiv ausgedrückt schätze ich nun eher die vielen Möglichkeiten und Freiheiten, die ich habe, denn ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass diese Freiheiten nicht jeder Mensch hat.

Afrika heißt nicht gleich Armut und Hunger

Gleichzeitig wurde mir während der letzten Monate bewusst, dass das in Deutschland bekannte „Afrika-Bild“ nicht richtig ist. Nur weil Äthiopien und Malawi auf dem afrikanischen Kontinent sind, heißt das nicht, dass dort alle Menschen Hungern und leiden. Ich lernte bei der Betreuung einer Klassenfahrt Kinder aus sehr reichen malawischen Familien kennen, die noch nie in ihrem Leben Wasser holen oder ohne Strom leben mussten, von dem Gefühl Hunger zu haben, ganz zu schweigen. Diese Erfahrung zeigte mir, dass es auch malawische Familien gibt, die einen Lebensstandard haben, der mit einem mittleren deutschen Standard vergleichbar ist bzw. sogar darüber hinaus geht.

Ich habe gelernt hinzuschauen und zuzuhören

In Äthiopien und Malawi unterhielt ich mich mit vielen Menschen über ihre Lebensbedingungen, Wünsche und Ängste. Ich wollte von ihnen hören, wie sie aufgewachsen sind, was sich in den letzten Jahren verändert hat und wie sie die eigene und die internationale Politik erleben. Dabei kam ich immer wieder zu dem Schluss, dass egal ob Weißer oder Schwarzer, Christ, Moslem oder Atheist, Reicher oder Armer: letztendlich sind wir alle Menschen. Zwar mit verschiedenen Hintergründen, aber oft mit denselben Bedürfnissen nach Liebe, Anerkennung und Frieden. Es hat mir Spaß gemacht mit den Menschen über ihr Leben zu sprechen und ich lernte wirklich zuzuhören. Dieses Interesse um mich herum zu schauen, mit offenen Augen zu sehen und zuzuhören, wie die Menschen Leben, nahm ich mit nach Deutschland. So aß ich letztens mit einer Frau zusammen einen Mittagssnack, die seit drei Wochen obdachlos ist und unterhielt mich mit ihr über das Leben auf Deutschlands Straßen. So etwas hätte ich vor meiner Abreise wahrscheinlich nicht gemacht.
Vielleicht habe ich gelernt, die Menschen eher als eine Einheit zu betrachten und mich dabei gleichzeitig über ihre Vielfalt zu freuen, anstatt sie ständig in Gruppen zu unterteilen. Ich bin immer noch nicht 100%ig frei von Vorurteilen, wer kann das von sich schon behaupten, aber der Freiwilligendienst hat mir etwas die Augen geöffnet und ermöglicht es mir nun, diese Vorurteile zu hinterfragen und regelmäßig zu neuen Ergebnissen zu kommen.

Die Welt ist wie ein Buch, wer nicht reist hat nur eine Seite davon gesehen.

Ein Interview über Freiwilligenzusammenarbeit aus unterschiedlichen Perspektiven

Frank Kyambadde (27) und Christoph Trojok (27) lernten sich bei der NGO Pefo (Phoebe Education Fund for Orphans) als freiwillige Mitarbeiter kennen. Die ugandische NGO unterstützt vor allem benachteiligte Kinder und ältere Menschen (hauptsächlich in der Region um Jinja).
Nach Abschluss seines Bachelors als Bau Ing. entschied Christoph sich für solivol , das weltwärts Angebot von artefact.  Das Hausbauprojekt von Pefo bot ihm die Möglichkeit sein  Interesse am Lehmbau praktisch zu erproben.

Frank wurde aufgrund der Trennung seiner Eltern als Kind verstoßen. Pefo ermöglichte Frank mittels eines Stipendiums, einen Schul- und anschließend einen Studienabschluss im Bereich Journalismus zu erreichen. Danach beschloss Frank als Freiwilliger für die Organisation zu arbeiten.
Im folgenden Interview, erzählen die beiden von ihrer Zusammenarbeit bei Pefo und von den Möglichkeiten als Freiwilliger bei Pefo neue Perspektiven in der der Zusammenarbeit zu entdecken.

Wie kam es zu eurer Arbeit als Freiwillige bei Pefo?

Frank: Ich habe selbst zwei Jahre als Freiwilliger Mitarbeiter für die Organisation Pefo gearbeitet. Mein Ziel war es dabei auch, einerseits praktische Erfahrungen im Umfeld der Freiwilligenzusammenarbeit zu erlangen. Pefo ist eine relativ große NGO, welche permanent wächst. Dies gab mir Chance in den verschiedensten Bereichen zu arbeiten. Oftmals wechselte ich die Abteilungen. Im Zuge dessen arbeitete ich mit den artefact Freiwilligen Christoph, Martin, Malte und Carl zusammen.

Christoph: Per Zufall stolperte ich im Internet über die Website von artefact und einen Bericht über das Hausbauprojekt von Pefo. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal was das „weltwärts“-Programm überhaupt ist. Mit einer Mischung aus Neugierde und Skepsis bewarb ich mich für ein Auslandsjahr. Meine Zusage war eher eine Bauchentscheidung in allerletzter Sekunde. Mittlerweile bin ich über diese schicksalhafte Fügung sehr froh, da mir sonst das wahrscheinlich spannendste Jahr meines Lebens verwehrt geblieben wäre. Ich übernahm die Stelle meines Vorfreiwilligen, welcher vor allem die Wartung der Pefo Lehmsteinpresse übernommen hatte. Durch ein Praktikum beim Maschinenhersteller konnte ich mich fachlich etwas vorbereiten. Aus meinem zunächst fachlichen Interesse am Lehmbauprojekt wurde eine Aufgabe, welche weit vielseitiger, kulturell, persönlich und fachlich war, als ich am Anfang erwartet hatte.

Welches waren eure individuellen Einsatzgebiete bei Pefo?

Frank: Während der Mitarbeit war ich unter anderem für das Drehen von Dokumentarfilmen, z.B. über Webonere Fireless Cookers zuständig. Ich leistete Öffentlichkeitsarbeit über Radio und Fernsehen, welche über Pefoprojekte informieren sollen. Ich war zuständig für Graphikdesign für Visitenkarten, Kalendern, Poster und mehr. Außerdem war intensive Zusammenarbeit mit den Großmüttern an der Tagesordnung. Ich besuchte regelmäßig die wöchentlichen Treffen der Großmüttergruppen und beriet diese. Ein weiteres großes Feld war am Ende der Bau von Biogasanlagen in Zusammenarbeit mit Christoph. Ich wurde am Ende als Biogasmanager für die Verwaltung der Anlage auf der Farmschool eingesetzt. Außerdem war ich am Ende für das von den Artefactfreiwilligen initiierte Tourimusprojekt zuständig.

Christoph: Meine primäre Aufgabe war zunächst die Lehmsteinproduktion, bei welcher ich anfangs noch handwerklich mitarbeitete. Relativ schnell stellte ich fest, dass ich für die Produktion nur dann von Nutzen wäre, wenn ich in die Organisation gehe. Ich übernahm nach einigen Monaten die Organisation und arbeitete fortan an der Verbesserung der Produktionsabläufe. Nebenbei initiierte ich ein Biogasprojekt auf der Farmschool, bei welcher ich in Zusammenarbeit mit Frank eine Anlage auf der Pefo Farmschool baute. Später bauten wir eine zweite Anlage als externes Projekt für eine Schule. Außerdem half ich beim Aufbau eines Tourismusprojektes, ein Projekt bei welchem mehrere Freiwillige mitwirkten.

Bei welchen Tätigkeiten konntet ihr zusammenarbeiten? In welchem Bereich konntet ihr dabei besonders voneinander profitieren?

Frank: Im Zuge der Freiwilligenzusammenarbeit führte ich die unterschiedlichsten Tätigkeiten aus. Unter anderem half ich dabei in der Lehmsteinproduktion, bei dem Bau zweier Biogasanlagen (in Jinja und Kyazanga) und dem Tourismusprojekt von Pefo. Außerdem war ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Arbeit, Kinder für die Stipendienprogramme zu suchen und die Zusammenarbeit mit den Großmüttergruppen auf dem Land, welche von Pefo unterstützt werden.
Bei allen genannten Tätigkeiten wurde ich von den Artefactfreiwilligen unterstützt. Dies machte meine Arbeit leichter, beschleunigte die Projektumsetzung und beide Seiten konnten dabei viel voneinander lernen.

Christoph: Den Bau der Biogasanlagen hätte ich ohne die Hilfe von Frank unmöglich bewerkstelligen können. Alles wäre sehr viel schwieriger, wenn man niemanden zur Seite hat, welcher die kulturellen Gepflogenheiten kennt und die Sprache spricht. Frank half mir vor allem auch dabei, mit den Arbeitern zu verhandeln. Ich lieferte Frank die Projektideen, während er mir bei der tatsächlichen praktischen Umsetzung half. Bei beiden Baustellen verbrachten wir mehrere Wochen miteinander. Die Zusammenarbeit mit ihm hat meinen kulturellen Horizont unheimlich erweitert. Auch persönlich konnte ich mich dadurch weiterentwickeln. Frank half mir besonders, wenn ich mit den Großmuttergruppen in Kontakt trat. In Uganda ist es z.B. üblich eine Rede zu halten, wenn man vor eine Gruppe tritt. Wenn man gerade erst in diesem Land angekommen ist, ist man von solchen Situation schnell überfordert. Einen Freund und Kollegen wie Frank an seiner Seite zu haben, ist deshalb unerlässlich.

Gab es auch Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit Freiwilligen?

Frank: Es gab natürlich auch einige Herausforderungen mit Freiwilligen. Unter anderem gab es hin und wieder persönliche Probleme, oder Probleme welche die Arbeit betrafen. Ein größeres Problem, stellte manchmal das sehr knappe Budget von Freiwilligen dar. Außerdem gab es oft Schwierigkeiten, da die Freiwilligen Sprachbarrieren besitzen. Dies war insbesondere auf dem Land und in der Zusammenarbeit mit den Großmüttern ein Problem.

Christoph: Sicher war, besonders am Anfang, nicht alles einfach. Ein Beispiel ist die unterschiedliche Wahrnehmung von Zeit. Wenn die innere Uhr noch nach dem deutschen System läuft, kann eine Verabredung schon eine Herausforderung darstellen. Kulturell sind die Unterschiede in vielen Bereichen ziemlich groß, es benötigt Offenheit und Toleranz auf beiden Seiten. Das ist nicht immer einfach, aber mit der richtigen Grundeinstellung profitieren am Ende beide davon.

Könnt ihr Empfehlungen an zukünftige Freiwillige geben?

Frank: Oftmals werden die Arbeiten bei Pefo weniger nach Qualifikation oder Erfahrung einer Person, als vielmehr nach dessen Motivation, Charakter und vor allen Dingen Ehrlichkeit vergeben. Dies betrifft insbesondere die Arbeit von Freiwilligen. Die richtige Motivation und Eigeninitiative bei der Arbeit ist deshalb unerlässlich.
Jeder zukünftige Freiwillige sollte sich außerdem über den Inhalt des Freiwilligenprogrammes im Klaren sein, bevor er eine Zusage abgibt. Viele Freiwillige wollen nur in einem gewissen Feld Erfahrungen sammeln, um später darin Karriere zu machen.
Ich selbst profitierte von der großen Vielfalt der Aufgaben. Die Freiwilligenarbeit half mir, in viele Bereiche hereinzuschauen und Erfahrungen zu sammeln. Außerdem konnte ich dadurch ein wirklich wichtiges berufliches und persönliches Netzwerk aufbauen. Deshalb möchte ich jeden zukünftigen Freiwilligen dazu ermutigen flexibel und unvoreingenommen an die Freiwilligenstelle heranzutreten. Nur so erhalten sie die Chance, unerwartete Dinge auszuprobieren, welche außerhalb ihrer Stellenbeschreibung liegen.

Christoph: Man kann nicht sagen, Freiwilligenarbeit das ist „so und so“, da die Erfahrungen der einzelnen Freiwilligen sehr individuell und unterschiedlich sind. Es hängt sehr stark davon ab, wo man landet und wer man ist. Eine positive Arbeitseinstellung und viel Eigeninitiative sind auf jeden Fall von Vorteil, wenn man seinen Fokus auf die Arbeitsstelle legen möchte. In meinem Fall, hat die Stelle sehr gut gepasst, da ich die Arbeit als erfüllend empfand, obwohl sie auch mit viel Geduld und teilweise frustrierenden Phasen einherging. Anderen Freiwilligen war das Reisen oder die interkulturelle Erfahrung wichtiger. Die Unterschiede sind dabei sehr individuell, es kommt dabei vorrangig auf eine offene und positive Grundeinstellung an.

Wie würdet ihr abschließend interkulturelle Freiwilligenarbeit bewerten?

Frank: Im Zuge der Freiwilligenzusammenarbeit möchte ich einige Dinge hervorheben, welche ich gelernt habe. Ich lernte viel über Umweltschutz, ein Thema welches vor allem in Uganda, aber auch ganz Afrika, immer wichtiger wird. Ich habe gesehen wie wichtig es ist unsere Wälder und Naturräume zu respektieren und unsere Gesundheit zu schützen.  Ich lernte viel über den Bau und die Konstruktion von Biogasanagen. Insbesondere lernte ich außerdem die unterschiedlichen kulturellen Normen der westlichen, im Gegenzug zur afrikanischen Gesellschaft kennen. Weitere Fähigkeiten waren Dinge wie, Zeitmanagement, Führungskompetenz, Kommunikation und vieles mehr.
Ich wurde durch Freiwillige dazu ermutigt theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen.
Die Zusammenarbeit mit Freiwilligen  empfand ich als  große Bereicherung, welche mir die globalisierte Welt praktisch vor Augen führte. Es half mir ein vertieftes Wissen über die Zusammenhänge und notwendigen Fähigkeiten zu erlangen, welche man in dieser wettbewerbsorientierten Welt benötigt.
Freiwilligenzusammenarbeit ist ein hervorragender Weg um Beziehungen zu knüpfen, welche ein in Zukunft wertvolles, persönliches und professionelles Netzwerk darstellen.
Die Zusammenarbeit mit artefact Freiwilligen hat mein Leben, durch die Möglichkeit des “Voneinander-Lernens” bereichert. Dies gab meinem Leben ein starkes Fundament, welches dafür sorgt, dass ich auf jeden Fall weiterhin mit artefact Freiwilligen zusammenarbeiten möchte.

Christoph: Ich möchte an dieser Stelle nicht aufzählen, welche einzelnen Fähigkeiten ich während meines Freiwilligenjahres gelernt habe. Ein Freiwilligenjahr ist eine Lebenserfahrung, durch die  man insgesamt unheimlich bereichert wird und durch das man die Chance erhält persönlich zu wachsen. Es ist ein unheimliches Privileg, dass wir in Deutschland die Möglichkeit geboten bekommen, zu reisen. Ich denke sich dieses Privilegs bewusst zu werden, geht einher mit der Erkenntnis, dass es schade wäre diese Gelegenheit nicht zu nutzen. Die Welt ist wie ein Buch, wer nicht reist, der hat nur eine Seite davon gesehen. Aus meinem Freiwilligenjahr sind viele Freundschaften entstanden. Unter anderem zu Frank habe ich noch heute über das Internet einen engen Kontakt. Da sich „Weltwärts“ auch als Projekt des kulturellen Austausches begreift, ist das Reverse Programm der nächst logische Schritt, bei welchem Leute aus den Einsatzländern, die Möglichkeit erhalten, ein Jahr nach Deutschland zu kommen. Vielleicht kehrt sich also bald die Rollenverteilung um. Dann werde ich Frank erklären müssen, warum man in Deutschland nicht hupen soll und gleichzeitig ohne Tempolimit über die Autobahn heizen darf.

Bericht Marie Sprute – Fotos Tobias Bauer

„Escort Service“  hat bei artefact  einen ganz besonderen Beiklang: begleitet werden keine reichen, gelangweilten Männer zu einem Abendessen, sondern junge, motivierte Menschen in einen neuen Lebensabschnitt. In diesem Fall wird der Lebensabschnitt ein Jahr dauern und sich in den unterschiedlichsten Ecken Ugandas abspielen – für manche in der Hauptstadt Kampala, für andere in sehr ländlichen Ortschaften, für wieder andere in Touristenstädten. Meine spannende Aufgabe ist es also die neuen Freiwilligen im On Arrival Seminar möglichst gut in ihre neue Lebenswelt einzuführen – aber wie macht man das? Es ist offensichtlich, dass man kein ganzes Land in einer Woche erklären kann, das kann man sicherlich noch nicht mal in einem Jahr, wenn überhaupt irgendwann. Ich kann aber versuchen, den Neulingen möglichst vielschichtige Eindrücke zu ermöglichen – kulturelle, sprachliche, alltägliche, außergewöhnliche. Dementsprechend gestaltet sich unserer Weg durch Kampala, wo wir die erste Woche verbringen: von überfüllten Geschäftsstraßen und Märkten in luxuriöse Einkaufs- und Entspannungszentren, von der Gaddafi-Moschee im Stadtzentrum zur grünen Oase des botanischen Gartens in Entebbe, von Streetfood zu schicken Restaurants, vom Luganda-Sprachkurs in der Makerere Universität zum Immigration-Office, vom Reggaejam im Nationaltheater zu traditionellen Tänzen aus verschiedenen Ecken Ugandas im Ndere Cultural Center.

Nicht selten fühle ich mich in der zum Teil unübersichtlichen Stadt wie ein Hirte, der seine (zum Teil verschreckten) Schäfchen zusammenhalten muss – obwohl meine Aufgabe durch die herausstechende Hautfarbe um einiges erleichtert wird. Bei all dem bleibt aber wohl das wichtigste in der Orientierungswoche das Reden und Austauschen. Zwischen den Freiwilligen untereinander, zwischen den neuen Freiwilligen und alten Freiwilligen, zwischen den Freiwilligen und Ugandern und zwischen den Freiwilligen und mir. Sachen auszusprechen kann schließlich oft helfen die inneren Eindrücke zu sortieren – und von Eindrücken und Gedanken wimmelt es in den Köpfen der Freiwilligen wie in einem beschäftigten Ameisenhaufen. In vielem von dem, was meine Schäfchen aussprechen erkenne ich mich selbst während meiner Ankunftszeit wieder und empfinde es als bereichernd, noch mal diesen neuen, sensiblen und unverbrauchten Blick auf Uganda annehmen zu dürfen. Nicht selten muss ich Wörter erklären, die sich in meinem eigenen und alltäglichen Sprachgebrauch eingeschlichen haben.  Ja, was genau ist nun eigentlich ein Boda-Boda (=Motorradtaxi)? Und wieso nennt mich jeder „Bambi“ (Ausruf, der in etwa „Du Arme/r!“ bedeutet), wenn ich hinfalle? Und wieso klingen Ugander, als ob sie niesen würden („Wangi?“ = Wie bitte?), wenn sie mich nicht verstanden haben? Jeden Tag höre ich mich selber ein dutzend Mal sagen: „Daran wirst du dich schon noch gewöhnen!“ – und es stimmt, denn der Mensch gewöhnt sich an alles.

Nur an zu viel Gepäck, das verspreche ich euch und jedem zukünftigen Freiwilligen, daran gewöhnt sich niemand.  Bei den Weiterreisen zu den Einsatzstellen, zuerst durch den Westen Ugandas, danach in den Osten, flucht ein jeder über jedes Kilo, das er eigentlich nicht unbedingt hätte mitnehmen müssen. Und es prasselt ein Gewitter von wieder neuen Eindrücken auf die Freiwilligen nieder – und das, obwohl sie sich doch grade einigermaßen an Kampala gewöhnt hatten. Das erste Mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch das satte Grün Ugandas. Alle zehn Minuten wechselt das Landschaftsbild, die Ortschaften, die Menschen und schließlich gelangt man zu den Plätzen, die schon in kurzer Zeit so vertraut sein werden, wie eine zweite Heimat – auch wenn daran im ersten Moment wohl schwer zu denken ist. Meistens erfolgt zunächst der Bezug der neuen Wohnung, dann das Kennenlernen der Arbeitsstelle und der Kollegen. Die Spanne der verschiedenen Tätigkeiten ist dabei sehr groß: IT-Lehrer an Schulen, Women Empowerment durch Mitarbeit in Frauengruppen, Arbeit mit natürlicher Medizin, Energiesparöfen, Solarenergie oder Ziegelsteinpressen, Ökotourismus, Baumzucht,… Die meisten Freiwilligen werden sich jedoch weitgehend mit ökologischen Projekten auseinandersetzen.

Glücklicherweise scheinen sich die meisten auf Anhieb recht wohl zu fühlen und somit wische ich mir erleichtert über die Stirn, als auch die letzten zwei Nachzüglerinnen in ihren Organisationen abgeliefert sind. Meine Arbeit in Uganda ist somit zwar noch nicht beendet (es gilt noch alte Freiwillige zu besuchen, neue Organisationen kennenzulernen und ein paar Problematiken zu klären), aber mit dem Wort Escort Service kann ich mich nun „leider“ nicht mehr betiteln.

Wie ist es also nun, als Escort Service für artefact? Wirklich anstrengend, vor allem durch die ganzen öffentlichen Transportmittel! Aber hauptsächlich bereichernd, spannend, interessant. Es ist schön zu sehen, wie verschiedene Charaktere sich unterschiedlich auf verschiede Situationen einlassen. Es bringt Spaß sich aufgrund dessen zu überlegen, wie das nächste Jahr wohl für jeden einzelnen verlaufen wird. Und im Geheimen wünsche ich mir, mit ihnen tauschen zu können und noch ein Jahr in diesem wunderschönen Land verbringen zu dürfen.

Marie Sprute, Grevelea Robusta u. Mitfreiwilliger Mariam Kroll-Fiedler

Weltwärts ist Begegnung und Wiederbegegnung auf den Straßen der Welt. Für viele solivol Teilnehmer_innen nehmen die Afrikapläne nach dem Freiwilligenjahr erst so richtig Form an. Lokal und global. Ehemalige engagieren sich in Studiengängen mit entwicklungspolitischen Bezügen oder bringen ihre Erfahrungen in Nord-Süd Initiativen in der Nachbarschaft ein. Das Engagement früherer Teilnehmer bei der Vorbereitung neuer artefact Freiwilliger gibt den Ausreiseseminaren eine ganz besondere Note.

Marie Sprute verbrachte Ihr weltwärts Jahr von 2012 bis 2013 bei der artefact Partner Organisation Biogardens in Kabale / West Uganda. Als Erstbesetzung stellte die neue Umgebung und die Einsatzstelle für Marie eine außergewöhnliche Herausforderung dar. Nach ihrer Rückkehr ist Marie weiter auf der Suche nach dem Besonderen – begann ein Nachhaltigkeitsstudium in Bayern , reist bis in den äußersten Norden Deutschlands, um von ihren solivol Erfahrungen zu berichten und übernimmt als Escort Verantwortung für eine Gruppe von 15 Freiwilligen auf ihrem Weg in Uganda. Auch in den kommenden Monaten wird Marie in unterschiedlichen Ecken der Welt unterwegs sein, um ihren einmal eingeschlagenen Weg weltwärts weiter zu verfolgen.