Jahresrückblick 2022
und Ausblick 2023
Liebe Mitstreiter*innen, Unterstützer*innen, Freundinnen und Freunde von artefact,
vor Jahresfrist hoffte ich darauf, dass die bald überstandene Covid 19–Pandemie uns für den Umgang mit weit bedrohlicheren Krisen Gelassenheit und gleichzeitig konsequent mutiges Agieren lehrt. Dabei dachte ich aber an die Verhinderung der Klimakatastrophe und nicht an einen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Dass nun nicht die Letzten aber doch viel Vorletzte endlich zu verstehen scheinen, dass die Gier nach Billigdrogen aus dem Ausland „Wandel durch Handel“ viel stärker bei den Rohstoff–Junkies in Europa als bei den Lieferanten von Öl und Gas, aber auch seltenen Erden, Halbleitern und Billigprodukten beschleunigt, sie aber gleichzeitig behaupten, dass man dies ja vorher nicht hätte wissen können, tröstet nicht wirklich. Denn Energiepreise „explodieren“ nicht, sondern werden immer noch durch zu hohe Nachfrage etwa durch vermeidbaren PKW–und Flugverkehr hochgetrieben.
Während sich der Bildungs– und Übernachtungsbereich im Zentrum für nachhaltige Entwicklung im Lauf des vergangenen Frühjahrs schrittweise normalisierte, hielt sich unsere Sorge über parallel steigende Beschaffungskosten für Gästehaus und Baustellen einigermaßen in Grenzen: auch wir stellen fest , dass von Holz bis Marmelade auch nicht begründbare Preissprünge die Wirtschaftlichkeit unserer ohnehin knapp kalkulierten Dienstleistungen noch weiter belasten, aber den großen Steigerungen von Strom– und Wärmeprodukten konnten wir relativ gelassen entgegentreten: unsere Solarwärme und die Hackschnitzel für die Heizung sind bislang nicht teurer geworden, auch nicht die Sonne für den selber verbrauchten Strom. Dass wir für den von uns eingespeisten Strom immer noch denselben Preis bekommen (z.B. 0,09 € je KWh Windstrom, obwohl er für ein Mehrfaches weitergehandelt wird), aber für Wasserkraft aus Norwegen im Bezug nun 40 % mehr bezahlen sollen, wirft jedoch einige Fragezeichen auf den merit order–Effekt. Unsere 18 Monate alte kegelrunde Gästehaus –Dachanlage für Eigenverbrauch macht nun noch mehr Sinn als zuvor, ist aber nicht ausreichend für unseren Eigenverbrauch. Für unsere älteste Photovoltaikanlage mit etwa 15 KW suchen wir deshalb aktuell nach einer weiteren Speichermöglichkeit mit Eigenverbrauch, gern auch einer innovativen Technik oder Testphase mit Kooperationspartnern.
Jugend- und Erwachsenenbildung 2022
Die Zahl schulischer Projekttage ist noch nicht ganz auf dem Vor–Corona–Niveau, aber immer Schulklassen und Lehrer sind froh, endlich mal wieder raus zu kommen ins wahre Leben: soziale, handwerkliche und andere Kompetenzen, vor Allem auch die Lust auf Ausprobieren müssen von vielen Kindern und Jugendlichen erst neu erlernt werden. Die Themen Wind– und Solarenergie wurden am meisten gebucht, bei Ferienpassaktionen sind nach wie vor Lehmbau und Stockbrote die Nr.1. Mehrtägige Klassenfahrten und zunehmend einwöchige Seminare für Träger des Freiwilligen Sozialen Jahres entwickelten sich sehr erfreulich.
Der letzte Projektteil von „Klima–KIG“ mit zwei Kindergärten in Schafflund konnte im Frühjahr mit zwei Exkursionen zu einer Biogasanlage abgeschlossen werden. Die Resonanz war so erfreulich, dass für eine Ausweitung des Projektes auf nun voraussichtlich 10 Kitas eine neue Vollzeitstelle bei einem anderen Träger eingerichtet wurde. Die Initialzündung war also erfolgreich; ob wir bei der Ausweitung noch eine Aufgabe übernehmen werden , ist derzeit noch nicht absehbar.
Unsere Workshop–Reihe mit Fridays–for-Future–Aktiven war durch die bekannten Gründe immer wieder verzögert worden, konnte nun aber endlich erfolgreich abgeschlossen werden: nach „Rein in den Grünkohl– was kann ich selber machen?“ an zwei Terminen konnte endlich auch das „Barcamp for Future“ mit „jungen Wilden“ und „alten Weisen“ z.B. von BobenOp, den „Zehn Zebras“ und BundeWischen“ generationsübergreifend durchgeführt werden. Der Stadtjugendring Ratzeburg konnte abschließend sogar bei seinen konkreten Initiativen für eine nachhaltige Stadtentwicklung unterstützt werden.
Der 14. Schleswig-Holstein-Solarcup konnte im Juni, mithin zum zweitenmal innerhalb eines Schuljahres durchgeführt werden. Danke an die Sponsoren (Verein zur Förderung der Energiewende in Schleswig–Holstein, Elektro–Klaas aus Albersdorf, die Nospa, SolarEnergie Andresen, enerparc, WSTECH, gpjoule. WATTMANUFAKTUR und die IG Metall ), die uns erneut ebenso den Rücken stärkten wie unsere Schirmherrin Karin Prien. Einige analoge und digitale Lehrer–Workshops ergänzten im Vorfeld die Werbung auf Wochenendveranstaltungen und Messen: erstmals waren wir mit Mitmach– und Info–Aktionen beim Mobilitätsmarkt der Stadtwerke Kiel und der GoGröönMesse in Lübeck dabei, doch auch der „Klassiker“, der Gottorfer Landmarkt konnte wieder stattfinden. Gleich fünf unserer Spitzenteams nahmen im September am Solarmobil-Deutschland–Finale teil und schlugen sich achtbar. Berichte dazu gibt es hier und hier. Derzeit läuft schon die Sponsoren–Akquise für den 15. Landwettbewerb am 9.Juli 2023.
Die Erwachsenenbildung war fast völlig eingebrochen, erfreut sich nun aber umso mehr positiver Entwicklungen: Die Qualifizierung zur Fachkraft Lehmbau konnte erstmals bei artefact durchgeführt werden. In Kooperation mit dem vor 30 Jahren in Schleswig–Holstein gegründeten Dachverband Lehm und der Handwerkskammer Flensburg fand ein intensiver Theorie –Praxis–Kurs von drei Wochen mit anschließender Prüfung, die alle 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfolgreich bestanden. Das Schleswig–Holstein–Magazin berichtete. Der landesweite Maurerfachtag für berufliche Bildung besuchte uns während des Kurses und zeigte großes Interesse.
Der Solar(fach)berater*innen-Kurs „Photovoltaik“ konnte im November in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Solarenergie durchgeführt werden und war mit 20 TN ausgebucht! Weitere Seminare fanden mit unterschiedlichen Partnern statt. Für die grenzübergreifende Gartenschau organisierten wir eine Veranstaltung zu Dachbegrünung und unterstützten einen grenzübergreifenden Info– und Spaßwettbewerb zum Auspflanzen von Kartoffeln in Seegras.
Die grenzübergreifende elektromobile „Tour de Flens“ konnte endlich wieder stattfinden: mit unseren Partnern Sonderborg Forsyning, Project Zero und Klimapakt Flensburg brachten wir wieder etwa 40 E–Fahrzeuge auf die Straße und zu gleich zwei E–Mobilitätsmärkten und anderen spannenden Zwischenstopps wie einer dänischen Biogasanlage und dem HumusProjekt von BobenOp. Der Sofortpool von interreg unterstützte die Herstellung eines deutsch–dänischen Begleitfilms, mit dem wir die bessere Abstimmung der Lade–Infrastruktur rund um die Flensburger Förde anregen wollen. Film und Teaser sind zur Weitergabe empfohlen!
Das mediale Interesse an artefact war generell sehr erfreulich. Im Rahmen einer Bingo–Sendung konnte ich artefact im NDR vorstellen. Für eine geplante Veröffentlichung zu nachhaltigem Bauen lud mich der Rat für nachhaltige Entwicklung zu den RENN–Tagen nach Berlin ein. Eine landesweite Fortbildung zu nachhaltiger Entwicklung fand im August bei uns statt.
Internationales Workcamp mit dem Service Civil International
Im Juli und August konnten wie im Vor–Corona–Rhythmus auch wieder zwei Workcamps durchgeführt werden, wenn auch mit etwas weniger Freiwilligen und nur mit eigenen Zelten. Von Klimapark–Pflege bis Dachsanierung reichte die Palette der unterschiedlichen Arbeiten neben spannendem Austausch innerhalb der Gruppen, study parts und Ausflügen.
solivol: das Nord–Süd und Süd–Nord –Programm
Die Freiwilligeneinsätze sind noch nicht wieder auf dem alten Stand, aber in beide Richtungen normalisiert sich immer mehr. Im Süden liegt der Fokus verstärkt auf Uganda, Ruanda und Namibia sowie auf Rumänien. Zum Jahresende 2022 sind 14 Freiwillige aus Ruanda und Uganda in verschiedenen Einsatzstellen in Norddeutschland tätig. Unser Freiwilliger Blaise studierte in Kiew, als er in Europa zum Flüchtling wurde und bei artefact landete. Josue, ebenfalls aus Ruanda, macht inzwischen eine Elektrikerlehre.
Der „Klimapark“
Im April konnte der Klimapark erstmals seit drei Jahren wieder regulär öffnen. Die Besuchszahlen sind zwar noch ausbaufähig, aber die Feedbacks zeigen eindeutig eine deutlich positive Tendenz. Ein neuer Info–Pavillon zu Biomasse (Flachs, Hanf, Seegras, Kork, Sisal, Jute) konnte in Betrieb genommen werden. Die Fragen der Besucher*innen spiegeln das wachsende Interesse an ganz konkreten Handlungsfeldern zu Photovoltaik, Erdwärme oder Elektromobilität. Die deutlich zu geringen Niederschläge über den Sommer legten leider immer wieder Solar– und Pedalspringbrunnen lahm. Die sun oyster wurde leider durch einen externen versicherten Schaden außer Gefecht gesetzt. Wir hoffen auf Instandsetzung bis zur nächsten Saison.
Das artefact Gästehaus
Die Pflanzen auf dem begrünten Dach hatten zwar etwas zu leiden unter dem trockenen Sommer, wachsen aber trotzdem recht gut an. Das kreisrunde Solarpfannendach hatte umso mehr Freude an der guten Solarstrahlung. Auch darunter ist die Entwicklung positiv, da neben unseren „alten“ Bildungspartnern neue etwa zu betrieblichen Klausurtagungen dazugekommen sind und auch die Urlaubsgäste uns längst nicht mehr als merkwürdige Exoten sondern im Gegenteil Trendsetter wahrnehmen. Das Gebäude bedarf gleichwohl immerwährender Pflegearbeiten. Im vergangenen Sommer wurde mit externer Unterstützung das Dach der Innenwerkstatt teilerneuert.
Mitarbeitende und Freiwillige
Die mit Aktivitäten entsprechend mitsteigenden Aufgaben waren im ersten Halbjahr eine Herausforderung, da zwei FÖJ–Einsätze aus gänzlich unterschiedlichen Gründen abgebrochen worden waren. Ab dem Sommer sind Jette und Emilie sowie Rocco (bis zum Jahresende) neu im Team. Unser Hausmeister Jürgen Lassen verließ uns im Herbst nach 12,5 Jahren. Einen engagierten Nachfolger haben wir mit Helmut Kindler gefunden: willkommen im Team! Da unser Bildungsreferent Niklas Neumeyer parallel seine Masterarbeit zu Transformationsstudien an der Universität Flensburg schrieb (und gerade erfolgreich abgeschlossen hat!) und dafür seine Stelle zwischenzeitlich stark reduzierte, übernahm ich übergangsweise weitere Aufgaben.
Aktuell ist eine Voll– oder Teilzeitstelle im Bildungsbereich für eine*n engagierte*n Weltretter*in zu vergeben. Auch im Gästehaus suchen wir Verstärkung mit Lust auf langfristiges Engagment – gerne weitersagen! Allen alten und neuen, haupt–, teilzeit– und ehrenamtlichen Mitarbeitern ein großes Dankeschön für das Durchhaltevermögen und die in diesen Zeiten doppelt wichtige Motivation!
Finanzen
Die Liquidität hat sich aus dem laufenden Betrieb heraus in diesem Jahr erfreulich entwickelt. Die abschließenden Prüfungen aller Verwendungsnachweise und Corona Soforthilfen stehen jedoch noch aus. Sehr erfreulich war auch in diesem Jahr das Spendenaufkommen. Die vor drei Jahren gestartete Spendenkampagne für die Weiterentwicklung des Klimaparks und der Bildungsarbeit ist nur noch etwa 11.000,– € von ihrem Ziel entfernt, sodass wir nun umso konsequenter die weitere Umsetzung gestalten können. Und neue Pläne (s.u.) stehen schon „auf dem Zettel“. Allen Spender*innen und denen, die es noch werden wollen , herzlichen Dank!
Ausblick auf 2023
Wir lassen uns durch die Rückschläge der Corona– Jahre und den Angriff Putins auf die Ukraine nicht entmutigen – im Gegenteil! Unsere Erfahrungen in der konsequenten Umsetzung der Energiewende im Bau– und Wärmebereich, dem Verkehr und in erneuerbarer Stromproduktion und Speicherung sind heute die Mutmacher für Gesellschaft und Politik: ohne die Pioniere der achtziger und neunziger Jahre bliebe nur das Weiterjammern über fossile Abhängigkeiten. Wir zeigen längst, das erneuerbare Energien preiswerter, friedenschaffend, weltweit gerechter und umweltverträglicher sind als jegliche fossile oder nukleare Strukturen.
Was ist konkret „in Arbeit“ für 2023?
- Ende Januar findet die nächste Lehrerfortbildung zu Solarcup und „Changing the Game statt.
- Energiewende auf europäischer Ebene? Am 8.Februar lernen Sie unser Strategiespiel dazu im BNUR Flintbek näher kennen.
- Ein neuer Termin zum DGS–Solarfachberater „Photovoltaik“ vom 21. – 24. Februar kann gebucht werden!
- Die zweite Fortbildung zur Fachkraft Lehmbau findet gleich nach Pfingsten im Juni statt.
- Wir sind optimistisch, die Finanzierung für den 15. Solarcup hinzubekommen, suchen aber noch einige Sponsor*innen. Der Termin 09. Juli 2023 ist vorgemerkt!
- Für die Tour de Flens 2023 gibt es bereits einen Strauß spannender Ziele. Wir visieren einen Termin im Mai 23 an.
- Bürgerbeteiligung und Energiewende müssen zusammengebracht werden. Unser Seminar am 25. April (für kommunale Entscheider*innen und andere) zeigt wie!
- Auf unserem Gelände hat 2023 hat neben der Instandsetzung der Fußgängerbrücke und mehrerer Pavillons die Ausgestaltung des Klimahauses mit einer fast 40 Meter langen Geodatenwand Priorität.
- Der Erfolg des FKL–Kurses soll verstetigt werden: dafür wollen wir im Naturerlebnisraum ein Fachwerkgebäude errichten, das ausreichend wetterfeste Praxisflächen und Platz für Lehm–Verarbeitungsgeräte bietet. Ein Schulungsraum mit Lehmlabor könnte mittelfristig notwendig werden. Zur Kofinanzierung suchen wir noch Drittmittel und Spenden als Eigenmittel!
Der Rückhalt unseres Freundeskreises und die konkrete Unterstützung ist ermutigend, ja phantastisch: für den weiteren Aus- und Umbau des Klimaparks und der Bildungsinfrastruktur starteten wir vor zwei Jahren einen Spendenaufruf:
„Investieren in die nächsten 30 years for future“
Seit Januar 2020 bis zum 24.12.2022 sind
89.814,51 € auf unserem Spendenkonto eingegangen!
Allen Unterstützern, Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen sagen wir –
nicht zuletzt im Namen der Generationen nach uns! –
ganz herzlichen Dank !
Die Klimakrise wird uns aber noch länger herausfordern.
Dafür ist Ihre Unterstützung, ob aktiv, im Förderverein oder finanziell, wichtiger denn je!
wir machen Mut zur Zukunftsgestaltung – Packen wir´s an!
Unterstützen Sie uns mit einem Spenden-Baustein für die nächsten 30 Jahre !
Mit / ab € 100,- sind Sie dabei!
Wir planen die Herstellung und „Veräußerung“ von Bausteinen ab € 250,- aus original Glücksburger Lehm. Auch größere Bausteine können selbstverständlich erworben werden!
Unternehmen und Privatpersonen können sich ab € 1000,- bei Interesse in einer Unterstützerwand werbewirksam „verewigen“.
Spenden an die gemeinnützige GmbH für globales Lernen und lokales Handeln sind natürlich steuerlich absetzbar. Gern stellen wir eine entsprechende Bescheinigung aus!
Bankverbindung: Nord-Ostsee-Sparkasse IBAN: DE27 21750000 0022 076256 BIC: NOLADE21NOS
Wenn die geplanten Klimaparkerweiterungen abgeschlossen sind und Corona es zulässt, freuen wir uns, mit allen Beteiligten und Freunden in die nächsten 30 Jahre zu feiern!
Auch im Kleinen können Sie uns unterstützen:
- beim Einkauf im Internet bei ausgewählten Firmen vorher! auf der Seite von Gooding als Begünstigten einer Provisionszahlung durch die Firma auszuwählen.
Außerdem freuen wir uns über
- Buchungen im Gästehaus,
- eingekaufte Preise für Firmen–Tombolas, z.B. Gutscheine für Kurzurlaube oder
- das Sponsoring ausgewählter Veranstaltungen und Projekte durch Ihr Unternehmen
Ich wünsche Ihnen einen entspannten nachweihnachtlichen Jahresausklang und ein sonniges und friedliches 2023!
Ihr Werner Kiwitt